Wise Intelligent – The Talented Timothy Taylor
Ein Album, mit wohl niemand mehr wirklich gerechnet hat. Seit dem zutiefst pessimistischen Polit-Hammer”Killin’ U … For Fun”, sind sage und schreibe 10 Jahre ins Land gezogen, von den Poor Righteous Teachers hat man auch schon länger nichts Nennenswertes mehr gehört – da taucht Wise Intelligent wie aus dem Nichts auf und präsentiert mit dem Pre-Mixtape “Blessed Be The Poor?” und diesem Vollalbum gleich einen standesgerechten Doppelschlag. In Zeiten, in denen Rapmusik ihre sozialkritische Energie größtenteils komplett eingebüsst hat, gibt es mit Sicherheit überflüssigere Comebacks.
Die Auszeit hat dem unverbesserlichen Agitpropper denn auch nicht geschadet, ganz im Gegenteil. “The Talented Timothy Taylor” ist der erhoffte, wütend gerappte soziale Kommentar zu den Ist-Zuständen in den us-amerikanischen Inner-Cities. Im Gegensatz zum allenfalls linksromantischen “Revolutionary But Gangsta”-Konzept von Dead Prez oder den zaghaften Politeleien eines Kanye West setzt Wise Intelligent auf ungleich aggressivere Töne. Wo im startschießenden “I’m Him” in bewährter Härte die Verhältnisse in der Rapundistrie gegeißelt werden, geraten im Folgenden vor allem innen- und kommunalpolitische Zustände ins Sperrfeuer der Kritik. Songs wie “Youths & Thugs” und “Police Can Do” sind polemisch bis ins Mark, aber andererseits: wann war Polit-Rap das nicht? Auch im Interview mit ugrap.de war Wise Intelligent sich nicht zu schade, recht “grenzwertige” Ansichten zum Besten zu geben, gegen die koreanischen Shops in der Hood Stimmung zu machen und für die Einführung von “black owned” Companies in hermetisch abgeriegelten Stadtvierteln zu plädieren … ob es sich hier noch um kalkuliertes Wachrütteln-Wollen oder eben rassistische Verstiegenheit handelt möge jeder für sich entscheiden.
Fakt ist und bleibt, dass Wise Intelligent raptechnisch nach wie vor ordentlich Dampf machen kann und in seinen besten Momenten hier selbst die alten Aufnahmen noch locker in die Tasche steckt. Gerade das autobiographische, streichweich produzierte “Passing The Time” stellt in seiner introspektiven Unverblümtheit ein Novum im Programm des MCs aus New Jersey dar. Nur wenn er im nicht minder inhaltsdichten “Cold World” zum Ende hin an einem Stück Statistiken zur Lage der Nation runterrattert, wirkt er übertrieben preachy – im Gegensatz dazu muss man aber auch als hellhäutiger Klassenfeind völlig gefühlstaub sein, wenn’s einem bei der verflixt heißen Single “A Genocide” nicht in allen Gliedern zuckt. Alles in allem hat das aus Paul “PJ” Little, Masada, Oh No und Tizzo bestehende Produzententeam einen guten Job gemacht und die farbenreiche Beat-Palette gut auf Wise abgestimmt.
Der einzige gravierende Vorwurf, den sich “The Talented Timothy Taylor” gefallen lassen muss, ist, dass die Scheibe mit 23 Tracks eindeutig zu lang geworden ist. Was Wise Intelligent in einigen Songs an Energie reinsteckt, geht auf der Langdistanz gleich wieder flöten. Doch: wenn man es schafft, seinen zornigen Hardcore-Rap auf sinnvolle Weise zu komprimieren, dann ist der Mann mit Sicherheit noch für den ein oder anderen Hit gut!
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