Jay Eff Kay – America: Suicide Notes Vol. 1
So ist es nun einmal: politisch ambitionierter, durchreflektierter Rap ist noch viel zu selten ein ernstzunehmendes Kontrastprogramm zu all den bis zur Kotzgrenze durchgekauten Rap-Stereotypen – wohl auch, weil viele als sozialkritisch eingestufte Musikmacher selbst nicht so recht über gewisse Schablonenränder hinausschauen wollen. Wo sprengen Artists wie Talib Kweli, Common und KRS-One denn schon irgendwelche Grenzen, wo tun sie mehr als nur die Rolle zu spielen, auf die man sie per Feuilletongeschreibsel irgendwann einmal festgelegt hat?
Ein ganz anderes Kaliber ist da der aus New York stammende Jay Eff Kay. Wer einen Anwaltsjob an der Wall Street einfach so hinschmeißt um sich wichtigeren Dingen im Leben zu widmen, nähert sich der Diskussion um den Stand der Dinge in god’s own country natürlich aus einer gerade für Rapmusik ungewöhnlichen Richtung. Von oben nämlich, und damit von dort, wo geschätzte 99% aller Reime- und Beatmacher um jeden Preis erst hinwollen. Um es auf den Punkt zu bringen: “America: Suicide Notes” gehört zu den intelligentesten Rapalben der vergangenen Jahre, ein wütendes Reimspektakel, bei dem auch der Humor nicht zu kurz kommt. Ganz großes Kino etwa, wie das schräge “Lawyer’s Libretto” den stumpfen Arbeitsalltag in der Kanzlei auf die Schippe nimmt, im zynischen “Welcome To America” das heißgeliebte Heimatland an die Kandare genommen oder in “Paranoid 2007″ mit einigem Tiefsinn die Stimmungslage im 9/11-traumatisierten New York seziert wird.
Dazu kommt, dass Jay Eff Kay im Gegensatz zu einem Großteil der Texter von seinem Schlag allem Anschein auch als Produzent über passable Fähigkeiten verfügt. Der mit Jay Deasel aus der Taufe gehobene Sound hat eine ganz eigene Note, kombiniert scharf geschnittene Beats mit Synth-Elementen und rockigen Anklängen – weniger hätte man von diesem Überraschungs-Newcomer aber auch nicht erwartet. Hoffentlich lässt das zweite Volume der “Suicide Notes” nicht lange auf sich warten, der Mann könnte noch für interessante Momente sorgen.
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