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GZA/Genius – Liquid Swords

Wir haben es hier mit einem Wu-Tang Release aus den glorreichen Jahren von 1993-1997 zu tun. Jeder nur halbwegs ernstzunehmende Rapfan weiss was das bedeutet: Kult. Klassiker. Meilenstein. “36 Chambers”, “Tical”, “Return To The 36 Chambers”, “Only Built 4 Cuban Linx”, “Ironman”. Bei diesen Titeln fangen die Augen ganzer Heerscharen von Hip Hop Jüngern an zu glänzen, brechen selbst die coolsten unter ihnen in fanatische Huldigungen aus. Was der Wu-Tang Clan speziell in diesen 4 Jahren schuf ist definitiv ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Musikgeschichte. Doch kommt es hin und wieder mal vor, dass eines dieser Alben vergleichsweise etwas weniger Ruhmeslicht genießt als die anderen. Völlig zu Unrecht. 1995 war ein Wu-Jahr: ODB (R.i.P) und Raekwon debütierten solo und stellten alles auf den Kopf. Ein schweres Los für denjenigen der als Dritter in diesem Jahr ins Rennen geschickt wurde: GZA oder auch “The Genius” genannt, was nicht von ungefähr kommt, gilt das älteste Wu-Mitglied doch als begnadeter Schachspieler. Und nach diesem Album auch als einer der besten Lyricists der Rapzunft, in einem Atemzug mit Nas, Biggie oder auch Jay-Z.

“Liquid Swords” heisst sein Meisterwerk. Ein herrlich eingängiger Albumtitel, welcher als Metapher für die Zunge verstanden werden will, die in Anlehnung an den Flow flüssig wie Wasser ist und zugleich, inhaltlich, scharf durch alles schneidet wie ein Schwert. Die Beats stellt einmal mehr The RZA zur Verfügung welcher sich und seinen Mannen erneut ein Denkmal setzt wenn er konsequent fortführt, was er auf seinen vorherigen Arbeiten anfing: düster, abstrakt, zerhackselte Samples, deren Herkunft nicht erkenntlich zu sein scheint und die dennoch sofort wahre Assoziationswellen in Richtung alter Kung-Fu Filme auslösen, über manchmal furztrockene, manchmal halbfertig klingende oder bisweilen wuchtige Beats. Dabei sei gesagt, dass es sich hier um die wohl düsterste und schwerste Produktion aus dem Hause Wu handelt, die Atmosphäre ist enorm dunkel und unheilvoll. Doch in dieser Dunkelheit entsteht aber auch Geheimnisvolles und Mystisches. Das Album entführt den Hörer in ein apokalyptisches Szenario voller Legenden, Krieg und geheimer Kampftechniken. Wichtigster Fixpunkt hierbei die stimmig eingesetzten Schnipsel aus dem Kultstreifen “Shogun Assasin”. Der Titeltrack mit seinem stimmigen Intro und “4th Chamber” seien hierbei nur als Beispiele genannt. Auch “Gold” versprüht mit seinem unterschwelligen Chor und einem fliegenden, verzerrten Sample eine unglaubliche Atmosphäre: Man kann sich direkt vorstellen wie GZA auf einem hohen Berg steht, unter ihm tobt eine Schlacht, Sturm und Gewitter ziehen herauf, Blitze zucken am Firmament. Von solchen geistigen Filmen bleibt man freilich nicht verschont. Platz für Innovation ist dennoch gegeben: So sportet bspw. “Shadowboxin'” als einer der ersten Songs überhaupt gepitchte Voicesamples. Über einen spröden Beat entfaltet dieses ständige “Oh man!” eine lässig, hypnotische Wirkung welche GZA und Method Man zu einem ebensolchen Schlagabtausch am Mic veranlasst. Auch sei hier noch kurz die wohl mächtigste Bassdrum überhaupt bei dem heimlichen Hit des Albums “Swordsman” erwähnt – beeindruckend!

Die MCs? Wir reden vom Wu-Tang Clan. Elitärer ist eigentlich nur noch der Mathekurs an der Universität. Jeder einzelne Gastpart liefert eine Vorstellung auf höchstem Niveau ab und fügt sich perfekt ins Gesamtgefüge ein. Über allem thront dennoch GZA: Er verfügt über eine einzigartige Stimme; sein Flow hat sich perfekt eingependelt im Niemandsland zwischen monoton-lässig und flüssig sowie extrem scharf schneidend und druckvoll. Doch so konsequent hier der musikalische Weltuntergang vorexerziert wird, so folgerichtig lichten sich am Ende die Wolken: Der letzte Track “BIBLE” (“Basic Instructions Before Leaving Earth”) verbreitet Licht am Ende des Tunnels und Hoffnung keimt auf. Dieser Solotrack von GZA’s damaligem Protegé Killah Priest ist auch der einzige Track den RZA nicht produziert hat sondern das spätere Killarmy Mastermind 4th Disciple. So schließt sich der Kreis.

Mit “Liquid Swords” hat GZA sein bis heute bestes Album auf den Markt gebracht. Ein extrem schwerverdauliches wie unbequemes Meisterwerk, ein Mosaik aus schweren Bässen und obskuren wie episch-finsteren Samples. Die absolut konsequente Fortführung wie auch der dichteste und somit absolute Höhepunkt des ureigenen Shaoling Kung-Fu Sounds des Wu-tang Clans. Ein Album wie eine Antithese zum clubbigen Mainstream und ein in dieser Intensität nur sehr selten vorkommender Monolith höchster Kohärenz und perfekt durchkonzeptualisiertem Tracklisting. So gilt es abschließend zu sagen: Licht aus, Kerzen an, sich im Schneidersitz niederlassen und kopfnickend, meditierend “Liquid Swords” hören.

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