Greedy Fingers – Shady Sirens
Ich muss an dieser Stelle einfach einmal eine Lanze für das europäische Produzententum brechen, denn was Greedy Boy (UK) und DJ Grazzhoppa (Belgien) auf ihrem über das englische Label D.C. gedroppten Kollaboalbum “Shady Sirens” betreiben, ist eine kleine Sternstunde für NY-geprägten Hardcore Rap. Schon allein der Releasezeitpunkt ist einmalig, weil hier gleich mehrere Rapper zu hören sind, die schon kurze Zeit später zum Who-is-Who an der Ostküste gehören sollten.
Mit dabei: MF Doom, der erst ein paar Wochen zuvor mit “Operation Doomsday” ein erfolgreiches Solo-Comeback starten konnte. Necro, ein Jahr vor dem Release von “I Need Drugs” nicht der King of Death Rap sondern noch ein Niemand. Und Cage, der abgesehen von zwei Singles mit den Smut Peddlers bis dahin auch noch nichts Zählbares zustandegebracht hat. Megalon als zweiter Vertreter der Monsta Island Czars und Tony Vegas von den Scratch Perverts komplettieren die Gästeliste, die das gesunde Gespür der beiden Albumproduzenten für außergewöhnliche Typen belegt. Hier wurde nicht einfach blind in die Runde gefragt, sondern nach den Besten gesucht.
Das Ergebnis kann sich hören lassen, denn die musikalische Gestaltung von “Shady Sirens” ist dieser verbalen Klasse durch und durch ebenbürtig. Anders als das Cover vermuten lässt bietet “Shady Sirens” Musik für die Stunden nach Mitternacht: dumpf wabernden Bässen und beklemmende Klavierklänge bürgen für eine düstere Grundstimmung. In den instrumentalen Zwischenstücken wird’s auch mal etwas experimenteller, wobei der Bogen dabei nicht überspannt wird – gerade DJ Grazzhoppa hat ja zum Beispiel schon 1998 auf der “End Of Utopia” Compilation bewiesen, dass er sich auch in etwas abgehobenerer Gesellschaft ganz wohl fühlt.
In der Summe macht das ein absolut hörenswertes Album, das die Spannung zwischen den blutrünstigen Phantasien eines Cage und der produktionstechnischen Finesse bis zum Ende halten kann.
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