Clipse – Hell Hath No Fury
Wir können nicht ernsthaft behaupten, dass im Mainstreambereich Stillstand herrscht, wenn ein Album vom Kaliber “Hell Hath No Fury” hervorgeschossen kommt. Dieser Langspieler, der kluge Straßenpoesie und minimalistische Bretter auf eine originelle Art und Weise zusammenstoßen lässt, braucht sich keinen Vergleichen auszuliefern. Wo andere ständig kopieren und ihre Styles öfter wechseln als ihre Unterhose, schlagen Clipse ein eigenes musikalisches Zelt auf und lassen sich gar nicht erst in die Suppe spucken. Man muss schon lange suchen, um ein ähnlich klingendes oder aufgebautes Release zu finden, und man muss sich nicht wundern, wenn man nichts dergleichen an die Oberfläche befördert. “Hell Hath No Fury” besitzt eine eigene Ausstrahlung und dient als Prachtexemplar dafür, wie Unterhaltung für die breite Masse klingen sollte.
Bereits für ihr erste Vorstellung “Lord Willin” im Jahr 2002 heimste das Duo Pusha T und Malice lobende Kritiken ein. Die Welt erwartete dementsprechend einen weiteren Banger, aber mit einem Produkt wie “Hell Hath No Fury” hat wohl niemand gerechnet. Skeptisch nahmen viele die Wertungen in XXL und in der deutschen Zeitschrift JUICE wahr, beide Magazine gaben dem zwölf Track-starken Album nämlich die volle Punktzahl. Soweit möchte die Reviewabteilung von ugrap.de, die bekannt dafür ist höhere Maßstäbe anzulegen, natürlich nicht gehen. Dafür mangelt es “Hell Hath No Fury” an der textlichen Ausgewogenheit und es gibt ein oder zwei Tracks, die ohne Frage austauschbar sind. Aber die Hauptelemente stimmen und der Kuchen schmeckt zu 70%.
Dafür sorgt an erster Stelle die Einheitlichkeit des Sounds. Es hört sich an als hätten Pusha, Malice und Producer Pharrell Williams sich für einen Monat in irgendeinem Studio zugesperrt und während dieser Phase das ganze Album kreiert. Ein knochentrockener und dennoch eingängiger Song jagt auf “Hell Hath No Fury” den nächsten. Schon auf dem zweiten Track “Momma I’m So Sorry” reißen alle Leinen. Der Minimalismus wird mit einer lauten eintönigen Snare, seichten Kicks und einem Akkordeon ausgelebt. Massenkompatibilität ade? Noch nicht, zuerst wird mit “Mr. Me Too” ein wenig das eigene Ego in den Vordergrund gestellt, bevor mit “Wamp Wamp” der Härtegrad nach oben rückt. Und wenn es heute noch echte Gladiatoren gäbe, dann würden diese wohl zu solchen Drums in die Arena eintreten. Verhaltene Synthiestreicher und Congas fliegen auf “Hello New World” ins Ohr, die Gastvocals von Pharrell nerven vielleicht etwas, doch mit den guten Parts von Clipse werden die Zuhörer dafür schnell entschädigt. “Ain’t Cha” – mit den beiden weiteren Re-Up Gang Membern Sandman und Ab-Liva – holte anscheinend alles aus dem Drumcomputer und eliminiert zu diesem Zeitpunkt des Albums dann wohl auch die letzten skeptischen Gefühle.
Was danach folgt, lässt sich schwer in Worte fassen. “Trill”, “Chinese New Year” und “Nightmares” überragen sich gegenseitig und wetteifern um den Titel “Bester Song des Albums”. Vielleicht hat “Nightmares” wegen seinem Status als beruhigender Abklang die Nase vorn.
“Give up the money or the angel cries two tears/
Front of your crib sounding like Chinese New Year”
“Hell Hath No Fury” lässt sich nicht als “radikal” bezeichnen, trotz dieser unorthodoxen Vorstellung von Gangsta Rap. Aber was die Neptunes und Clipse hier unternehmen, ist fresh to death und nimmt im Mainstream eine konkurrenzlose Stellung ein. Lassen die anderen mit ihren Synthies und dicken Bässen die Muskeln spielen, begegnet Pharrell Williams dieser Bewegung mit seinen simplen, knochendürren und nur aufs Wesentliche reduzierten Produktionen. Einziges Problem: diese Art von Beats muss man erstmal mögen, weil sie doch sehr eigen sind.
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