Kapitalismuskritik
Das Wort Kapitalismuskritik bezeichnet die Kritik am Kapitalismus auf kulturellen, ökonomischen, sozialen und politischen Feldern. Diese Kritik kann in der Folge alternative, nicht unumstrittene Gesellschaftsentwürfe und Utopien beinhalten, oder Vorschläge für Reformen innerhalb des Kapitalismus
Sozialistische Kapitalismuskritik
Von der Entfremdung durch die industrielle Revolution ausgehend, formuliert sich die sozialistische Kapitalismuskritik. Bereits im Frühsozialismus kritisierten Theoretiker wie Charles Fourier den Kapitalismus und entwarfen utopische Gegenmodelle.
Mit ihren Schriften (Hauptwerk: Das Kapital) entwickeln Karl Marx (1818 - 1883) und Friedrich Engels (1820 - 1895) einen Ansatz zur kritischen Analyse der Machtverhältnisse. Dabei geht es um das Verhältnis zwischen den Unternehmern als Eigentümern an Produktionsmitteln und den Arbeitern, die gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen. Dieser Ansatz wird in der Folge wissenschaftlich weiter ausgebaut. Die sozialistische Theorie stellt damit den am besten theoretisch fundierten Ansatz der Kapitalismuskritik dar.
Eine Grundlage des Kapitalismus ist demnach die Unterscheidung zwischen Tauschwert und Gebrauchswert von Waren und das Entstehen von Mehrwert dadurch, dass der Tauschwert deutlich über den Gesamtproduktionskosten liegt. Das ist nur möglich, wenn Arbeitskraft der Arbeiter in einer Form ausgebeutet wird, in der sie für ihre Arbeit weniger Lohn verdienen als sie an Wert produzieren. Die Fixierung auf den Gewinn führt zu einer immer schnelleren Verwertung und stärkeren Ausbeutung. Aus ihr resultiert auch, dass das Kapital an sich zum Fetisch wird. Der Kapitalismus entzieht sich durch die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und der Arbeiter letztendlich die eigenen Grundlagen.
Geschichte ist nach Karl Marx als eine Folge von Klassenkämpfen zu verstehen. Dabei sind im Kapitalismus die Proletarier das revolutionäre Subjekt. Die aus den inneren Widersprüchen der kapitalistischen Produktionsweise resultierenden und zyklisch wiederkehrenden Krisenerscheinungen würden notwendigerweise zum Zusammenbruch führen. In dieser Situation würde die sozialistische Revolution zu einer Übernahme der Macht führen. Ziel ist letztendlich die Errichtung einer kommunistischen Gesellschaft, in der die Ungerechtigkeiten überwunden werden. Heutige Kommunisten gehen allerdings teilweise auch nicht mehr von einer Revolution aus, sondern sehen Möglichkeiten auch eines friedlichen und demokratischen Wandels.
Im real existierenden Sozialismus sollte mit dem Ansatz eines staatlichen Monopolkapitalismus diese Utopie umgesetzt werden, bei dem die Verfügung über die Produktionsmittel formal bei der Bevölkerung lag. In der Realität führten eine autoritäre Bürokratie, die Missachtung von Menschenrechten und der westliche Einfluss unter den Bedingungen des kalten Krieges zum wirtschaftlichen, für viele Menschen auch moralischen, Zusammenbruch des Realsozialismus im Ostblock 1989. Der Großteil der Bevölkerung stand diesem System kritisch oder ablehnend gegenüber.
Die internationale Studentenbewegung von 1968 bezog teilweise sowohl gegen Kapitalismus als auch gegen Realsozialismus Stellung (Rudi Dutschke, Prager Frühling, Mai-Unruhen), teilweise wurden aber auch der Stalinismus oder der Maoismus als Vorbilder gesehen und an einen dogmatischen Marxismus angeknüpft. In der Folge entstanden in den 70ern die Neue Linke, die K-Gruppen, und die terroristische RAF, die den Kapitalismus durch einen revolutionären Befreiungskampf, in welchem Repräsentanten des westdeutschen Systems sowie Unbeteiligte getötet wurden, zu überwinden suchte.
Einen wissenschaftlicheren theoretischen Ansatz vertrat im Westen beispielsweise die Frankfurter Schule.
Nachdem die Sozialdemokratie (z. B. SPD) sich größtenteils von der Idee des Sozialismus lossagte, vertrat sie teilweise eine am Keynesianismus orientierte Politik, als Alternative zum Neoliberalismus. Die meisten sozialdemokratischen Parteien, wie die SPD und die britische Labour Party, vertreten heute eine eher neoliberale Wirtschaftspolitik.
Der Demokratische Sozialismus ist weiterhin in den aktuellen Programmen linksorientierter Parteien z. B. in dem der PDS in Deutschland, der kommunistischen Partei Italiens (KPI), der kommunistischen Partei Frankreichs (KPF), dem Grundsatzprogramm der SPD und anderen verankert. In Regierungsverantwortung konnten diese Parteien ihre sozialistischen Ideen jedoch kaum umsetzen.
gewerkschaftliche Kapitalismuskritik
Die gewerkschaftlichen Ansätze der Kapitalismuskritk beziehen sich in der Regel auf die sozialistische Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse. Allerdings sind die Schlussfolgerungen und Forderungen aus gewerkschaftlicher Perspektive eher auf eine reformistische Umsetzung einer gerechten Gesellschaft bedacht. Dazu gehört im Sozialstaatsmodell das Konsensprinzip, nach dem Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften als Verhandlungspartner entsprechend dem Tarifvertragsgesetz in der Aushandlung von Tarifverträgen eine Sozialpartnerschaft eingehen und damit eine Verantwortung für eine friedliche gütliche Einigung in Konfliktfällen anstreben sollen. Dieser Ansatz zielt in erster Linie auf einen pragmatischen, realistischen Ausgleich von Interessen.
Gegen dieses Modell der Sozialpartnerschaft stehen kapitalismuskritische Ansätze syndikalistischer und sozialistischer GewerkschafterInnen, die allerdings in der Praxis selten zum Tragen kommen.
Religiöse Kapitalismuskritik
In der christlichen Soziallehre finden sich beim Versuch, christliche Positionen für das Zusammenleben in einer aufgeklärten Gesellschaft zu formulieren, ebenfalls kapitalismuskritische Positionen, die sich gegen die materialistischen Grundlagen der Modernen wendet. Besonders die Verelendung der Arbeiterschaft und die zunehmende Vergötterung des Geldes. Stärker richtet sich die Soziallehre gegen die ebenfalls materialistischen und offen atheistischen sozialistischen Ideen. Sie ist selbst antirevolutionär und sucht nach einem Konsens zwischen Kapital und Arbeiterinteressen unter christlichen Vorzeichen. Dazu gehört u.a. das Einfordern christlicher Werte, das Bewahren der Schöpfung, das Einsetzen für Arme und die Forderung nach Teilhabe für alle Menschen.
Die Befreiungstheologie vertritt allerdings weitergehende Ziele. Der Vatikan distanziert sich jedoch von ihr, insbesondere Papst Benedikt XVI. und sein Vorgänger Papst Johannes Paul II. zählen zu den Gegnern der Befreiungstheologie.
Beim religiösen Sozialismus vereinigen sich Elemente religiöser und sozialistischer Kapitalismuskritik.
antifaschistische Kapitalismuskritik
Mit dem Aufkommen des Faschismus in Europa formiert sich eine besondere Form des Antikapitalismus, für die der Faschismus eine Extremform der bürgerlichen Herrschaft des Kapitals ist. Dieser in den 30er Jahren vor allem von Georgi Michajlow Dimitrow (1882 - 1949) vorgetragene Ansatz findet vor allem im kommunistischen Widerstand Zustimmung.
Als Beleg für diesen Ansatz gilt insbesondere die Förderung der NSDAP durch die Großindustrie, insbesondere der Harzburger Front. Des Weiteren wird das wirtschaftliche Engagement der IG Farben und vieler weiterer deutscher Betriebe in die Ausbeutung von Zwangsarbeitern und KZ-Insassen als Zeichen für die umfassendste und mörderischste Verwertung von Menschen im Kapitalismus gedeutet.
Nach der Befreiung Deutschlands und besonders in den 60er Jahren findet die antifaschistische Kapitalismuskritik sowohl wissenschaftlich als auch politisch einigen Zulauf. Wie Max Horkheimer formulierte: "Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen." Dabei kommt es auch zu Überdehnungen der Theorie, wie der Gleichsetzungen der US-Politik mit dem Nationalsozialismus im Antiimperialismus.
Die Kritik an diesem Ansatz bemängelt einerseits solche Überdehnungen und andererseits Verengungen der Kapitalismuskritik, in der Sexismus und Rassismus als Elemente des Faschismus unberücksichtigt bleiben. Alleine aus der kapitalistischen Verwertungslogik ist Auschwitz nicht abzuleiten.
Globalisierungskritik
Zentraler Punkt der Globalisierungskritik ist die Feststellung, dass Globalisierung keine natürliche Erscheinung ist, sondern Ergebnis einer durch politische Entscheidungen geschaffenen internationalen wirtschaftlichen und politischen globalen Neuordnung.
In den aktuellen globalisierungskritischen Strömungen kommen unterschiedliche dieser Ansätze und weitere Argumentationen zusammen, u. a.:
* mit der Tobin-Steuer wird eine Regulation internationaler Finanzströme verlangt, zudem wird auf die Notwendigkeit internationaler Steuer- und Abgaben-Abkommen, Mindestlöhne, und anderer Wettbewerbsbedingungen (Dienstleistungsrichtlinie) aufmerksam gemacht, damit Unternehmen die unterschiedlichen Standorte nicht gegeneinander ausspielen können, die sich dann in der Herabsetzung dieser Standards gegenseitig überbieten müssen, um für Investitionen attraktiv zu bleiben;
* häufig wird entsprechend eine stärkere Position der Politik, also des Staates, der Parteien, Verbände und nichtstaatlichen Organisationen gegenüber den Unternehmen gefordert;
* daraus folgert teils ein Standortnationalismus, der von den Unternehmen eine Verantwortung für ihre einheimischen Produktionsstandorte einfordert, oder ein Internationalismus, der globale verbindliche Regelungen fordert;
* ökologische Ansätze, die gegen eine Globalisierung von Umweltproblemen durch erhöhten Energieverbrauch, die Verschwendung von Ressourcen und inzwischen auch die Patentierung von Leben kämpfen;
* Kritik an den Produktionsbedingungen im Trikont, insbesondere den sogenannten Sweatshops und der Kinderarbeit;
* gerade in diesem Punkt entwickeln sich Ansätze internationaler Solidarität, bei der die betroffenen ArbeiterInnen im Trikont und AktivistInnen in den industrialisierten Ländern zusammenarbeiten.
freiwirtschaftliche Kapitalismuskritik
Der Theorie der Freiwirtschaft nach liegt die Ursache des Kapitalismus darin begründet, daß im Kapitalismus Geld durch seinen jeweiligen Besitzer beliebig zurückgehalten (also aus dem Umlauf genommen) werden kann, ohne daß dadurch der Geldbesitzer benachteiligt wird. Den Vorgang, daß der Geldbesitzer das Geld doch dem Umlauf wieder zuführt (z. B. indem er einen Kredit an jemanden seiner Wahl vergibt), läßt sich der Geldbesitzer bezahlen. Dieser Knappheitspreis heißt Zins. Es gibt eine Mindestrendite bzw. einen Mindestzinssatz, unter dem ein jeweiliger Geldbesitzer nicht einmal bereit ist, wenigstens sein überschüssiges Geld (was er also länger nicht braucht) weiter zu verleihen. Kommt der Marktzinssatz in die Nähe des Mindestzinssatzes, so wird ein großer Teil der Geldmenge zurückgehalten. Auf dem Markt entsteht ein scheinbarer Geldmangel mit dazugehöriger Arbeitslosigkeit, bei größerem Geldmangel sogar Deflation. Versuche, dies symptomatisch zu bekämpfen, enden
* später in Inflation und Hyperinflation (z. B. wegen Vergrößerung der Geldmenge) und|oder
* in Überausbeutung von Ressourcen mit dazugehöriger Umweltzerstörung (z. B. wegen zwanghaftem Wirtschaftswachstum) und|oder
* in Krieg als Maßnahme, einerseits massive staatliche Ausgaben zu rechtfertigen, andererseits die Ressourcen Fremder auszubeuten, um so Wirtschaftswachstum zu generieren.
Das Problem ist lösbar, indem ein Geld ("Freigeld") geschaffen wird, welches konstruktionsbedingt die Eigenschaft hat, die Zurückhaltung dieses Geldes zu benachteiligen (Umlaufsicherung). Damit sinkt der Mindestzins bzw. die Mindestrendite auf 0 und Probleme, die erst durch Zins entstehen, werden so vermieden. (Zu solchen durch den Zins generierten und daher lösbaren Problemen zählen die Freiwirtschaftler den größten Teil der Arbeitslosigkeit, die meisten Pleitewellen, Deflation, Inflation, Kluft zwischen Arm und Reich, dauerhaftes Ungleichgewicht zwischen Anbieter und Nachfrager zuungunsten des Anbieters, zwanghaftes Wirtschaftswachstum, die meiste Umweltzerstörung, fehlende Nachhaltigkeit, teilweise Krieg, Staatsverschuldung, leere Sozialkassen, Abbau öffentlicher Leistungen "aus Kostengründen", mittelbar auch institutionelle Familienfeindlichkeit und Menschenfeindlichkeit. Für dementsprechend wichtig halten sie ihr Anliegen.) Da ähnliche Mechanismen für Grund und Boden (dort ist das Analogon zum Zins die "Bodenrente") greifen, sollte dazu eine analoge Änderung für Grund und Boden erreicht werden ("Freiland"). Dies sei aber verhältnismäßig einfach durch eine Modifikation der Grundsteuer erreichbar.
Was nach einer solchen Änderung einer bestehenden Marktwirtschaft mit Kapitalismus übrig bleibt, heiße dann, so viele Freiwirtschaftler, "Marktwirtschaft ohne Kapitalismus". Ob diese Marktwirtschaft dann eine freie Marktwirtschaft oder eine Soziale Marktwirtschaft sei, ist den meisten Freiwirtschaftlern primär egal. Die meisten tendieren jedoch, der Philosophie (nicht unbedingt der Theorie) der Freiwirtschaft eines menschenwürdigen Lebens folgend, zu einer sozialen Marktwirtschaft, zumal für diese nach den freiwirtschaftlichen Reformen genügend viel Geld zur Verfügung stehen würde.
Freiwirtschaftler halten die Theorie der Freiwirtschaft für widerspruchsfrei und in bestehende volkswirtschaftliche Theorien (insbesondere der Makroökonomik) integrierbar.
Freiwirtschaftler halten weder Unternehmer noch Unternehmen noch Geschäftsbanken für "böse" und bekämpfenswert. Selbst denjenigen Personen, die Geld in großen Mengen besitzen und es nicht verleihen, mithin am Problem einen Teil maßgeblich ändern könnten, stehen sie nicht negativ gegenüber. Vielmehr halten sie das Problem für einen Fehler im Geldsystem selbst ("Systemfehler"), welches auch dort und nicht woanders gelöst werden sollte. Einer Neid-Debatte erteilen sie eine Absage. Es sei kein Problem, wenn es Leute gebe, die reich sind. Es sei allerdings ein Problem, wenn es viele Leute gebe, die ohne Notwendigkeit arm sind.
Postmoderne
Nach den Erfahrungen mit dem Realsozialismus, und durch die Dekonstruktion z. B. des Werks von Marx entstanden in Folge der 68er-Bewegung Strömungen einer postmodernen Philosophie, die sich sowohl mit den klassischen, sozialistischen und kommunistischen Ansätzen, als auch (weiterhin) mit dem Kapitalismus kritisch auseinandersetzten. Philosophen wie Gilles Deleuze (Tausend Plateaus - Kapitalismus und Schizophrenie), Jacques Derrida, Jean Baudrillard oder Michel Foucault (Biopolitik) äusserten sich immer wieder kritisch gegenüber z. B. als neoliberal bezeichneten Ideen, dem zugehörigen Menschenbild und bezogen auch Stellung in der Debatte um die Globalisierung. Derrida etwa untersucht 1995 in seinem Buch Marx‘ Gespenster – Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale die Folgen des Zusammenbruchs des Realsozialismus von 1989 und Implikationen, die sich daraus für eine kritische Haltung gegenüber dem Kapitalismus, aber auch dem Marxismus ergeben. Bisher werden die Ansätze allerdings nur innerhalb einer akademischen Minderheit diskutiert, teils wegen ihrer philosophischen Komplexität, teils wegen ihres offenen Bruchs mit herkömmlichen Ansätzen der Kapitalismuskritik.
Gegen eine ökonomische Verkürzung von Kapitalismuskritik wendet sich auch Wolfram Pfreundschuh mit seiner Web-Site
http://kulturkritik.net, worin er in einer Nachverarbeitung von Adornos Kulturkritik eine "Kritik der politischen Ästhetik" entwickelt.
Weitere neuere Ansätze finden sich bei Antonio Negri und Michael Hardt (Multitude, Empire - die neue Weltordnung).
Verstärkt äußern sich manche der Hauptakteure des Kapitalismus zu Wort, die befürchten, das System könne zusammenbrechen, weil die ungeheuren Geldströme nicht ausreichend kontrolliert werden (Joseph Stiglitz, früherer Chef-Ökonom bei der Weltbank). Andere Kritiker stellen die positive Rolle des Marktes in Frage, dessen Mechanismen angeblich zum Besten aller führen, und so via Aktienmarkt das Geld dorthin führt, wo es am meisten benötigt wird. (Jean Peyrelevade, früherer Chef des französischen Crédit Lyonnais).
Zins
Zins (von lateinisch „census“, Abgabe) ist das Entgelt für ein leihweise über einen bestimmten Zeitraum zur Nutzung überlassenes Sach- oder Finanzgut (Geld), das der Leiher (Schuldner) seinem Leihgeber (Gläubiger) zahlt. Rechtliche Grundlage dazu ist das Darlehen. Die Höhe des Zinses bestimmt sich in einer Marktwirtschaft nach Angebot von und Nachfrage nach Darlehen. Je nach Art des Sach- oder Finanzgutes unterscheidet man Pachtzins (Grundstücke), Mietzins (Wohn- und Geschäftsräume), Kreditzins (Geldkapital).
Die Funktionen des Zinses sind Entgelt für geliehene oder gemietete Sachen oder Geld als Darlehen bzw. Kredit, Absicherung des Rückgabe- oder Rückzahlungsrisikos (Risikoprämie) oder Pauschalierung von Schadenersatz (Verzugszins).
Wird der Zins in Prozent angegeben, so spricht man von Zinssatz bzw. Zinsfuß. In der Umgangssprache wird der Begriff Zins in Bezug auf Geld meist in der Mehrzahl, also als Zinsen, verwendet.
Zinseszins ist die Mitverzinsung desjenigen Zinses, der auf die Schuld aufgeschlagen wird. Als Zinsstruktur bezeichnet man die Abhängigkeit des Zinssatzes von der Dauer einer Geldanlage.
Als Zinsstruktur bezeichnet man die Abhängigkeit des Zinssatzes von der Dauer einer Geldanlage.
Kritik am Zinssystem
Das Zinssystem ist nicht frei von Kritik. Einige Kritikpunkte in diesem Zusammenhang sind:
* Möglichkeit zum Ausnutzen der Notlage des Leihers durch den Gläubiger;
* Anwachsen des Vermögens des Gläubigers ohne dessen Zutun durch „leistungsloses Einkommen“ aus dem Zins.
Einige Kritiker sind der Ansicht, dass (1) eine Kreditvergabe praktisch nie einen Konsumverzicht des Gläubigers zur Folge habe, weil er über genügend Mittel dazu verfüge, dass (2) Zinsen eine starke Umverteilung von Schuldnern zu Gläubigern erzeugten und dass (3) ein exponentielles Wachstum von Schulden und Guthaben entstünde, das sich aus Zins und Zinseszins ergäbe und das wegen zunehmender Verschuldung einer Gesellschaft auf lange Sicht als sehr problematisch zu betrachten sei, beispielsweise im Hinblick auf ständig zunehmende Staatsverschuldung). Weiter wird kritisiert, dass der Zins den Besitzern von Geld einen unberechtigten Vorteil gegenüber den Besitzern von Waren und Arbeitskraft einräume, da das Vermögen der Gläubiger sich dadurch exponentiell vermehre, während Waren entweder verderben oder gelagert werden müssen, was wiederum Lagerkosten (Durchhaltekosten) verursache.
Bereits Aristoteles kritisiert das Zinswesen mit dem Hinweis auf den einzigartigen Charakter des Geldes, sich ohne zutun des Gläubigers zu vermehren.
In der Tora wird ein Zinsverbot unter den Israeliten festgelegt, das Zinsnehmen von Nicht-Israeliten aber gestattet. Daran anknüpfend gab es im Christentum lange Zeit ebenfalls ein Zinsverbot, das insbesondere Thomas von Aquin philosophisch unterlegte, das dann allerdings immer wieder unterlaufen und schließlich während der Renaissance ganz abgeschafft wurde. Das Zinsverbot wurde von den Templern (Ritterorden) und anderen Bankiers durch einen Zuschlag geschickt umgangen. Juden konnten weiterhin Zins nehmen. Durch die Erlaubnis im Judentum, von Nichtjuden Zins zu nehmen und wegen der ihnen von der christlichen Obrigkeit ab dem Spätmittelalter auferlegten Verbote, Handwerk und ähnliches auszuüben (Zunftzwang), waren vor allem die europäischen Juden sehr häufig als Geldverleiher tätig.
Im Islam gilt heute noch das Zinsverbot. Um islamischen Gläubigen trotzdem die verzinsliche Geldanlage zu ermöglichen, werden so genannte islamische Anleihen vergeben, die direkte Zinszahlungen auf Geld durch Mieteinnahmen, Firmenbeteiligungen oder ähnliche, im Islam erlaubte Praktiken umgehen.
Zinskritische Überlegungen sind auch Gegenstand der Freiwirtschaftslehre. Zinsen seien wesentliche Belastungen der Schuldner und ihrer Geschäftspartner zu Gunsten von nicht gerechtfertigtem leistungslosem Einkommen der Kreditgeber. Die sich daraus anhäufenden Vermögen der Kreditgeber führten zu immer stärker anwachsenden Zinsströmen. Zinsen seien deshalb eine wesentliche Ursache der immer schneller wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich. Die Freiwirtschaftslehre bemängelt außerdem, dass Zinsen sämtliche Produkte in beträchtlichem Umfang verteuern, weil sie von den Herstellern stets in die Preise eingerechnet werden. Aus der Verpflichtung zum Zahlen von Kreditzinsen ergebe sich zudem ein Zwang zu dauerndem Wirtschaftswachstum mit seinen fragwürdigen Auswirkungen auf die Umwelt.