Akrobatik – Absolute Value
In Boston nichts Neues: Akrobatiks zweites Solo “Absolute Value” präsentiert sich in jeder Hinsicht als eine nahtlose Fortsetzung des aus dem Jahr 2003 datierenden Debüt-Werks “Balance”. Kontinuität heißt das Zauberwort, und damit wären wir auch schon bei Ak’s größter Schwäche. “Absolute Value” will ein im wörtlichen Sinn konservatives, also werterhaltendes Album sein – der Titel gibt die Richtung vor. Und erhaltenswert erscheinen Akrobatik, das wissen wir auch nicht erst seit gestern, nun mal die klassischen Elemente der guten alten Ostschule, wie sie seit den Mittneunzigern wieder und wieder aufgegriffen und (mehr oder weniger) neu interpretiert werden. Wortmächtige Reimvorträge mit gleichermaßen persönlichem wie sozio-politischem Gehalt also, der Funfaktor sollte nach Möglichkeit auch nicht zu kurz kommen – und für den musikalischen Schub sorgen eingängig geloopte Beats mit dem gewissen Etwas an nostalgischem Charme.
Mittlerweile scheint allerdings selbst ein Akrobatik bemerkt zu haben dass der Boom-Bap-Szene seit geraumer Zeit die Felle davonschwimmen und sich deshalb dringend etwas tun sollte. Seine Lösung des Problems scheint nicht so sehr auf musikalische Neuerungen als vielmehr auf personelle Aufrüstung abzuzielen. So kommt es, dass sich hier im Gegensatz zum Vorgänger (wo Mr. Lif und Diamond D die einzigen Gäste waren) mit einem Mal viel illustres Volk tummelt. Von Schnarrstimme B-Real ist über Polit-Altmeister Chuck D über die Shootingstars Little Brother bis zum Feuilleton-Liebling Talib Kweli und dem zuletzt völlig in der Versenkung verschwundenen Freddie Foxxx eine ganze Bandbreite der unterschiedlichsten Real-Keeper am Start. Auch die Produzentenliste kann mit großen Namen protzen – Illmind, J.Dilla, Da Beatminerz, 9th Wonder, J-Zone und Fakts One sind nur die bekanntesten unter ihnen.
Großer Rudelauflauf also, und auch wenn man es trotz vereinter Gästekräfte trotzdem nicht schafft, “Absolute Value” auf direktem Wege in den Rap-Olymp zu katapultieren, lässt sich ein gewisses Plus an Aufmerksamkeit sicher nicht von der Hand weisen. Besonders das stimmungsvolle, ein wenig an den Akro-Klassiker “Remind My Soul” erinnernde “Rain” mit Sängerin Brenna Gethers sticht diesmal heraus. In “Kindred” kann mit sehr persönlichen Reimen gepunktet werden, “Fronst Steps II” und “Black Hell Breaks Loose” funktionieren vor allem durch die dicken Beats. Der Rest fällt erschreckend belanglos aus, nur der von J-Zone produzierte Titeltrack ist eine einzige Katastrophe – was man sich bei dieser Lärmbelästigung gedacht hat kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.
Die Frage, die sich gerade bei Alben wie “Absolute Value” immer wieder stellt: ist ein solches Rotationsprinzip denn nun eher Fortschritt oder Risiko? Ich persönlich habe meine Zweifel, ob allein die Anhäufung von Gästen auf Dauer so sehr dabei behilflich ist die sogenannte True School aus dem Krisentief zu hieven.
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